Es war noch zu der Zeit, als man das, was man gerne besitzen wollte, selber machen musste. Man konnte es nicht kaufen. Ein solches „Es“ war ein herrliches Tretauto, das mein Vater für meinen älteren Bruder gebaut hatte. Doch lange währte das Glück nicht. Vater musste an die Front. Und als er wiederkam, war mein Bruder gestorben. Aber nun stand dieses Wunderwerk von einem Auto im Keller. Allerdings war aller Glanz von ihm gewichen. Staub bedeckte den glatten Lack.Die schöne Farbe leuchteteEinmal erschrak ich ein wenig, denn Vater stand an seinem Werk, eine ganze Weile. Schließlich streichelte er das Gefährt, und die schöne Farbe leuchtete, von der Staubschicht befreit. Es ging gerade auf Weihnachten zu und insgeheim wünschte ich mir, neuer Besitzer des Tretautos zu werden, aber ich wagte nichts davon zu sagen. Und tatsächlich, eines Abends war das Auto weg. Aber ich brauchte nur dem Duft der frischen Farbe nachzugehen. Blitzblank stand es im Bretterverschlag. Ich war fest davon überzeugt: Das wird mein Weihnachtsgeschenk.
Rubbel die Gans
Kurz vor dem Fest hielt dann ein Pferdefuhrwerk vom Nachbarn vor unserem Haus. Er brachte eine Weihnachtsgans – damit wir nicht zu hungern brauchten an Heiligabend, wie ich dachte. Eine herrliche Sache. Wir konnten zu Weihnachten Gänsebraten essen! Der Nachbar trug die ausgenommene Gans in die Küche. Mein Vater hatte sich verkrümelt, ihn sah ich nicht in der dämmerigen Diele. Und dann trug der Nachbar das blitzende Tretauto heran, über den Hof, zur Straße und schob es auf das Fuhrwerk. Das Auto verschwand. Ich habe meinen Vater an diesem Abend nicht mehr gesehen, erst am nächsten, als er von der Arbeit kam.
Der Braten schmeckte nicht
Der Gänsebraten schmeckte an Heiligabend diesmal nicht so recht und das lag nicht nur daran, dass Mutter ihn hatte trocken werden lassen. Später, ich glaube, es war zwei oder drei Jahre danach, baute Vater wieder ein Tretauto, ein ebenso blitzendes mit roten Kotflügeln. Und das fuhr dann genauso gut wie das andere.
