Manch ein Einbrecher erlebt sein blaues Wunder, wenn ihm auf einmal ein Wachhund der ganz besonderen Art gegenübersteht: Laut schnatternd und mit ausgebreiteten Flügeln lässt er sich nicht die Butter vom Brot nehmen. Denn was viele nicht ahnen: Gänse sind hervorragende „Wachhunde“. Gänse als Wächter für Haus und Hof einzusetzen, ist nichts Neues. Das wussten schon die Römer: 386 vor Christus bewachte das schnatternde Federvieh sogar das Capitol in Rom mit Erfolg vor den Galliern. Vielleicht setzen deshalb noch heute viele Italiener auf die Gans als Wache. Zum Beispiel südlich von Neapel, auf italienischen Campingplätzen mit Familienbetrieb, ist das nicht ungewöhnlich. Dort garantieren Gänsescharen diebstahlsfreie Zonen, wenn ihr Geschnatter auch so manchem Gast den Schlaf raubt. In Barcelona wiederum gibt es eine Kirche, deren Innenhof von Gänsen bewacht wird. Sogar das US-Militär soll schon Wach-Gänse eingesetzt haben, um Lager und Gelände zu bewachen. Gründe, weshalb bereits unsere Vorfahren diese Tiere als lebendige „Alarmanlagen“ bevorzugten, gibt es mehr als genug.
Rubbel die Gans
Aufgrund ihres hoch entwickelten räumlichen Sehvermögens können Gänse zum Beispiel einen beachtlichen Bereich in ihrer Umgebung beobachten. Nähert sich eine unbekannte Person, dann reagieren die Gänse sofort mit lautem Geschnatter, Droh- und Flügelgebärden. Von Fremden lassen sich diese scharfen Beobachter nur schwer bestechen.Im Gegensatz zu Wachhunden, die viel teures Futter verzehren, sind Gänse sparsamere Esser. Bevorzugte Kost sind Küchen- und Gartenabfälle. Und noch eines spricht für sie: Gänse muss man nicht Gassi führen.
Gänseexperte Jürgen Schelberger weiß, warum die Vögel so wachsam sind: „Sie sind eher schreckhafte Tiere. Und Gans und Ganter bleiben ein Leben lang zusammen. Deshalb passen sie natürlich gut aufeinander auf.“ Gänse sind aber nicht nur wachsam, sondern auch clever: Sie können genau unterscheiden, wer auf ihren Hof gehört und wer nicht. Wenn Fremde kommen, machen sie Krach. Mit einer Schar Gänse kann man also jeden Wachhund ersetzen – wenn man genug Platz hat.
In Italien heißt es außerdem schon mal: „Eine ausgemusterte Gans kann immer noch in den Kochtopf wandern, ein alter Wachhund dagegen…“ Legendäre Berühmtheit erlangte eine Gans durch den Verrat des Verstecks des geflohenen Sankt Martin: Dafür landete sie im Kochtopf – daher die Martinsgans, die bis heute auf den Speisekarten steht, und auch zu Weihnachten gern verzehrt wird.
