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Der Willys Overland MB – Urahn aller Jeeps!

Der Willys Overland MB – Urahn aller Jeeps!

Oldies but Goldies

Von den Soldaten der US-Army einfach nur als „treu wie ein Hund, stark wie ein Maultier und flink wie eine Bergziege“ beschrieben, nannten sie den Willys MB wie selbstverständlich „Jeep“ – möglicherweise als umgangssprachliche Kurzform von „GP“ aus General Purpose („Allzweck“) oder noch wahrscheinlicher nach dem übernatürlichen Fabelwesen Eugene the Jeep aus der Comicserie „Popeye“. Wirklich fest steht: Jeep sagt man bis heute, mehr als 75 Jahre später, zu nahezu allen kleineren Geländefahrzeugen. Doch was sind die schon gegen einen original Willys MB?!Bei dieser Frage kann Helmut Ribniger (71), der schon immer eine Schwäche für besondere Autos hatte, nur schmunzeln. Ist er doch seit dem 12. April 2011 glücklicher Besitzer eines echten Willys MB, Baujahr 1943. Und das Beste: Das Fahrzeug war nie im Kriegseinsatz und befindet sich dank seines Vorbesitzers noch immer, auch ohne Oldtimer-Restaurierung, in einem Top-Originalzustand. „Lediglich die Lichtanlage mit Blink- und Bremslicht musste für die Teilnahme am Straßenverkehr an die deutsche Norm angepasst werden“, so Ribniger. Schließlich verrät er bereitwillig, wie er überhaupt an ein solches Automobil mit absolutem Seltenheitswert geraten ist:Fahrspaß: spartanisch und ursprünglich

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Bequemlichkeit sieht anders aus! Aber bequem musste er ja auch nicht sein, der Willys MB. Dafür kompakt und robust, offroadfähig und für gerade mal 739 Dollar rasch und relativ billig in großer Stückzahl herzustellen. In den Kriegsjahren 1941 bis 1945 rollte mehr als eine halbe Million Fahrzeuge dieses Typs aus den Werkshallen der Willys Overland Company in Toledo (Ohio) direkt an die Front. Einer steuerte Jahrzehnte später in die Garage von Oldtimer-Freund Helmut Ribniger, seit mehr als zehn Jahren Mitglied im Motorsportclub Fallersleben beim ADAC. Ribniger weiß über sein „Baby“ viel Interessantes zu erzählen.

„Kaufen konnte man den Willys MB ursprünglich nicht. Er war ein reines Militärfahrzeug, für das die US Army einen speziellen Entwicklungsauftrag ausgeschrieben hatte“, so Ribniger. Im Wettbewerb um den Zuschlag konnte sich Willys Overland unter Chefkonstrukteur Barney Roos gegen die Konkurrenz von Bantam und Ford durchsetzen. So hat Willys Overland mit dem „Unkaputtbaren“, der sich mit zuschaltbarem Allradantrieb und einem Leergewicht von nur 1040 Kilogramm kein bisschen zimperlich auch durch tiefsten Schlamm kämpft, ein erstes, echtes „Weltauto“ gebaut: den Urahn aller Geländewagen!

Treu wie ein Hund, stark wie ein Maultier

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Hat Seltenheitswert: der original Willys Overland MB von Helmut Ribniger.
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„Schuld war die Restaurierung eines Bundeswehr-Kübelwagens gemeinsam mit dem Gifhorner Oldtimer-Spezialisten Gerd Krause für meinen Sohn Stephan. Unsere gelungene Arbeit feierten wir bei einem guten Essen im Landgasthof Dralle und kamen mit dem Wirt, Gustav Dralle (†), ins Gespräch. Der führte mich prompt hinters Haus in seine Garage. Da stand der Willys MB, fast 70 Jahre alt und doch wie nagelneu aus einem amerikanischen Militärdepot, mit Axt und Spaten in den Halterungen – wie ein guter Kumpel bereit für eine Brennholztour oder einen Ausflug über Land“, erinnert sich Helmut Ribniger. Fahrspaß kann kaum spartanischer und ursprünglicher sein als in dem circa 3,40 Meter langen und 1,60 Meter breiten offenen Viersitzer hinter dem dürren Speichenlenkrad: ohne Fenster und Türen, ohne vierten Gang, ohne Bremskraftverstärker, dafür mit Trommeln an allen vier Rädern, und natürlich ohne Heizung ... Die Frontscheibenwischer werden per Handkurbel betätigt. Und ob das Klappverdeck aus Stoff und dünnen Rohren wirklich vor Regen schützt, ist schon fast egal.

Allerdings wird der ausgesprochen langhubige Vierzylinder mit kleinem Drehmoment schon knapp über der Standgasdrehzahl zum kraftvollen Biest. 60 PS holt er aus dem 2,2-Liter-Hubraum, wummert schön laut und eindrucksvoll vor sich hin, wenn er gefordert wird, und läuft wie am Schnürchen, ohne in zügig gefahrenen Kurven zu zicken. Der 54-Liter-Tank befindet sich übrigens direkt unter dem Fahrersitz, der – wie alle anderen Sitze auch – eher an eine Metallablage mit dünn aufgelegtem Sitzkissen erinnert. Und die Federung – wer denkt denn bei diesem Veteran an Federung?

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Dralles „Baby“ kam in gute Hände

Tausend Gedanken schwirrten Helmut Ribniger über den Willys MB im Kopf herum. Als Dralle wissen wollte, wie ihm der Wagen gefalle, muss ihm die pure Begeisterung im Gesicht gestanden haben. Und Dralle sagte einfach: „Willst du ihn haben? Über Geld brauchen wir nicht zu reden. Ich weiß, du bist der Richtige für mein ‚Baby‘ und ich möchte einfach, dass der Wagen in gute Hände kommt, die ihn nicht einfach wild durchs Gelände heizen …“ Helmut Ribniger zögerte noch, konnte sein Glück kaum glauben. Aber Dralle besiegelte die Sache mit Handschlag, und dann gab auch noch Frau Dralle ihren Segen dazu.

Wenn heute das Ehepaar Helmut und Regina Ribniger im Willys MB zu Oldtimertreffen unterwegs ist, gehen viele Daumen respektvoll und bewundernd nach oben. 2016 heimsten sie sogar auf der Oldtimer-Rallye des MSC Fallersleben in der Kategorie Vorkriegsmodelle ihre ersten Pokale ein. Die Ribnigers und ihr Willys MB sind längst ein starkes Team. (bc)