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Gifhorner Wirtschaftsspiegel 1/2017

„Die Akustik ist eine wichtige Schnittstelle in der gesamtheitlichen Fahrzeugentwicklung“

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Christian Heinz, Bertrandt GmbH

Interview mit Christian Heinz, Abteilungsleiter Elektrik/Elektronik/Bordnetzentwicklung in der Bertrandt Ingenieurbüro GmbH in Tappenbeck

Die Rolle der Akustikentwicklung hat sich in den vergangenen 20 Jahren stark verändert. Welche wesentlichen Trends beeinflussen Ihre Arbeit?Heute haben Fahrzeuge bei weniger Hubraum wesentlich mehr Leistung. Dieses Downsizing führte zu vornehmlich aufgeladenen Aggregaten mit teilweise geringerer Zylinderanzahl, was schon einen Teil der Herausforderungen erahnen lässt: Turbolader-Pfeifen, Dreh-Ungleichförmigkeiten, weniger dämpfende Masse im System. In Kombination mit verbesserten Dämmungs-/Dämpfungspaketen und anderen Maßnahmen ließ sich über die Jahre der Pegel beim Fahrzeuginnengeräusch in einem deutlich spürbaren Maß reduzieren. Über das formulierte Ziel der Bundesregierung, bis 2020 eine Million zugelassene E-Fahrzeuge auf unseren Straßen zu haben, kommen wiederum neue Aufgaben hinzu. Andere Verkehrsteilnehmer dürfen aufgrund der mangelnden akustischen Wahrnehmbarkeit eines Fahrzeugs in einer vorhandenen Geräuschkulisse nicht gefährdet werden, was zu Konzepten führt, mit denen der Umwelt individuelle Sounds zugespielt werden. Und damit ist schon ein wichtiger Parameter genannt: Individualität. Hier kommt die Psychoakustik ins Spiel – eine neue Herausforderung.Wie hat sich die Akustik bei Bertrandt entwickelt?Heute haben wir im Netzwerk mehrere Hundert erfahrene Mitarbeiter, die sich versiert in Aufgabenstellungen der Akustik bewegen! Von der klassischen Entwicklung über die Berechnung bis hin zu sehr gut ausgestatteten Versuchsressourcen, mit denen auch komplexe Themen eigenständig und übergreifend bearbeitet werden. Die Akustik ist inzwischen eine ganz wichtige Schnittstelle in der gesamtheitlichen Entwicklung, die zielorientierteres und effizienteres Zusammenarbeiten ermöglicht: wie in der Karosserie-Entwicklung über die Ermittlung dynamischer Karosseriesteifigkeiten oder bei Eigenschwingformanalysen zur Entdröhnung von Bauteilen. All das zeigt, dass wir als kompetenter Partner wahrgenommen werden, unsere Kunden uns über die Jahre immer mehr zugetraut haben und uns heute gerne auch mit nicht alltäglichen, komplexen Aufgaben und Projekten beauftragen.Die Bertrandt Technologie GmbH (BTG) wurde 2015 in Sassenburg als weiteres Akustikzentrum gegründet. Welche Schwerpunkte setzen Sie sich?Wir müssen ja Visionen haben! Wir wollen die BTG zu dem Akustikzentrum im norddeutschen Raum entwickeln. Dabei fokussieren wir neben dem Automotive-Bereich auch Branchen wie die Energie- oder Medizintechnik. Akustische Herausforderungen gibt es überall! Wir wollen gesamtheitliche Lösungen für unsere Kunden entwickeln. Durchstarten werden wir jedoch zunächst mit den vertrauten Aufgaben im Bereich Antriebsprüfstand, Dämmung/Dämpfung in den Hallräumen und im Materiallabor sowie mit Untersuchungen im Psychoakustik-Labor.Welche infrastrukturellen Maßnahmen zeichnen den Standort Sassenburg aus?Uns steht mit der BTG ein hervorragend ausgestattetes Akustikzentrum zur Verfügung. Das Herzstück ist unser Allrad-Akustikrollen-Prüfstand, der in einen 17 mal 19 Meter großen Halbfreifeldraum integriert ist. Mit einer Rollenleistung von 424 Kilowatt je Achse können wir auch leistungsstärkere Fahrzeuge vermessen.Ein weiteres Highlight ist der Fenster- und Deckenprüfstand. Es handelt sich dabei um Hallräume, die über bauseitige Öffnungen die Adaption von Karosserieabschnitten oder Komponenten ermöglichen, um dann Schalldämmmaße zu ermitteln. Dann haben wir noch zwei Labore: Eines, um poroelastische Materialien zu untersuchen. Außerdem ein Psychoakustik-Labor, mit dem wir Kunden unterstützen, ihre individuellen, subjektiven Wünsche in einen definierbaren Rahmen zu bringen.Dürfen Sie uns Projektbeispiele oder Referenzen nennen?Konkrete Projekte kann ich Ihnen leider nicht nennen. Aber richtig interessant wird es immer, wenn übergreifend gearbeitet wird – und wir unsere internen Stärken zusammenfließen lassen. Wenn sich zum Beispiel an Hochvolt-Fahrzeugen nur in Zusammenarbeit mit unseren erfahrenen Elektrofachkräften und am besten noch mit Einrichtungen unseres E-Maschinen-Prüffeldes Ergebnisse erzielen lassen.Das Interview führte Gudrun Remmlinger, Bertrandt AG, Ehningen

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