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Fit & Gesund 2018

Eine Hautsache

Eine Hautsache

Der Wunsch nach einer schönen Hülle ist groß. Doch viele Menschen leiden unter Neurodermitis oder Akne – oder sorgen sich vor Hautkrebs. Ärzte verraten, worauf man achten sollte

Von Mario Moers    Die Haut, das sind die zwei wichtigsten Quadratmeter Ihres Lebens“, lautet ein Motto des Berufsverbands der Deutschen Dermatologen. Eine makellose Haut gilt als Schönheitsideal. Eine ganze Industrie lebt von der Sehnsucht nach der schönen Hülle.Auf der anderen Seite belasten Hautkrankheiten einen großen Teil der Bevölkerung. Drei bis vier Millionen Menschen leben in Deutschland mit dem atopischen Ekzem, auch Neurodermitis genannt, und zwei Millionen Menschen mit Schuppenflechte. Seit der Einführung eines kostenlosen Früherkennung-Screenings vor zehn Jahren stellen Ärzte jährlich rund 290 000-mal die Diagnose Hautkrebs. Mit der wohl bekanntesten Hauterkrankung, der Akne, machen sogar 85 Prozent der deutschen Bevölkerung unliebsame Bekanntschaft. Fortschritte in Forschung, Früherkennung und Therapie helfen Millionen Menschen beim Umgang mit Hautkrankheiten, die oft die Psyche belasten.Neuer Wirkstoff, neue HoffnungDupilumab ist der Name eines Antikörpers, der seit Kurzem Neurodermitis-Patienten Hoffnung macht. Seit 1. Dezember ist das hochpreisige Medikament (bis zu 25 000 Euro pro Patient und Jahr) in Deutschland zugelassen. „Für Erwachsene mit mittlerer bis schwerer Neurodermitis stellt der Wirkstoff ein völlig neues Medikament zur innerlichen Behandlung dar“, erklärt Peter Weisenseel, Facharzt für Dermatologie und Allergologie am Dermatologikum Hamburg. Als sogenanntes Biologikum schränken die Antikörper entzündungsfördernde Botenstoffe ein. Das chronische Jucken der Haut, unter dem Neurodermitis-Patienten leiden, wird durch eine fehlgeleitete Entzündungsreaktion des Immunsystems hervorgerufen.

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Salbe gegen Ekzeme: Millionen Menschen leiden unter der Entzündung der Haut. 
FOTO: FOTOLIA

„Sehr gute“ Wirkung

In Studien sprach ein Drittel der Patienten „sehr gut“ auf die Therapie an. „Bei vielen weiteren kommt es zu einer deutlichen Verbesserung der Symptome“, sagt Weisenseel. Bereits seit einigen Jahren wird der Wirkstoff erfolgreich in der Behandlung von Rheuma und Schuppenflechte verwendet. Bei Neurodermitis hat es länger gedauert, die entscheidenden Botenstoffe zu identifizieren. Krankenkassen übernehmen die hohen Kosten, „wenn die Therapie angezeigt ist“, so Weisenseel. Die Pharmaindustrie arbeitet mit Hochdruck an weiteren Medikamenten mit vergleichbarer Wirkungsweise.

Zwei weitere Antikörper könnten voraussichtlich in ein bis zwei Jahren bis zur Marktreife entwickelt sein, schätzt der Fachmann. Bereits in Kürze wird ein neuer Wirkstoff zugelassen, der Schübe verhindern kann oder zumindest die Intervalle dazwischen verlängert. Crisaborol wird als Creme auf die Haut aufgetragen und ist in den USA bereits erprobt.

Die Gründe, weshalb immer mehr Menschen in den Industrienationen unter Neurodermitis leiden, bleiben derweil weiter unklar. Diskutiert werden Umweltfaktoren wie Feinstaub, übertriebene Hygiene, Stress, kalkhaltiges Wasser, Ernährungsgewohnheiten, Freizeitverhalten oder sogar die Geburt per Kaiserschnitt.

Ab 35 Jahren zahlt die Kasse

Ein weiteres wichtiges Thema in der Dermatologie ist Hautkrebs und dessen Früherkennung. Bei dieser Untersuchung wird erst die Kopfhaut begutachte dann geht es runter bis zu den Zehen. Sieben bis acht Minuten braucht ein Dermatologe für diese Früherkennung. Wer über 35 Jahre alt ist, kann sich alle zwei Jahre untersuchen lassen. Die Kosten für die sogenannten Screenings übernehmen dann die Krankenkassen.

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Eine Ärztin untersucht Leberflecke: Das Screening dauert etwa acht Minuten. 
FOTO: FOTOLIA

Seit zehn Jahren gibt es für diese Vorsorge in Deutschland ein flächendeckendes Programm, für das Hautärzte lange gekämpft haben. Bereits ein Jahr nach der Einführung 2008 konstatierte der Gemeinsame Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen einen „sprunghaften Anstieg“ der entdeckten Fälle von schwarzem Hautkrebs. Etwa 30 Prozent der angesprochenen Bevölkerung nimmt seitdem das Screening-Angebot wahr. 36 441 bösartige Melanome wurden 2014 entdeckt; diese Zahl ist seitdem mehr oder weniger konstant. Vor den Screenings lag die Fallzahl etwa 20 Prozent niedriger.

Eckhard W. Breitbart, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention, beurteilt das Programm als Erfolg – mit Luft nach oben. „Das Screening leistet genau, wozu es gedacht ist: die unentdeckten Fälle ans Tageslicht zu holen“, sagt er. Nicht bloß Dermatologen, sondern auch dazu ausgebildete Hausärzte führen die Untersuchung durch. „Das geschulte bloße Auge ist dabei das wichtigste Instrument“, sagt Breitbart. Findet der Arzt eine besorgniserregende Stelle, entnimmt er eine Hautprobe, um den Verdacht zu klären. Bei etwa einem Prozent der Untersuchten kommt es zu einem positiven Befund auf Hautkrebs.

Die Kontroverse

Dass die Screenings helfen, Hautkrebs zu entdecken, ist unbestritten. Nicht belegt sind jedoch die Auswirkungen auf die Sterblichkeitsrate, die bei Hautkrebs deutlich geringer ist als bei anderen Krebsarten. Die Wahrscheinlichkeit, die ersten zehn Jahre nach der Diagnose zu überleben, liegt bei 94 Prozent. Kritiker hingegen meinen, dass von der Hautkrebs-Vorsorge vor allem die Ärzte profitieren würden.

„Es gibt Dermatologen, die bis zu einem Drittel ihres Umsatzes mit den Untersuchungen verdienen“, sagt Breitbart. Dennoch hält er die Kritik für verfehlt. Die unbewiesene langfristige Effektivität sei kein Beweis für einen Fehler des Programms. „Wir müssen die Dokumentation verbessern und die Screenings weiter bewerben, damit auch die Zahl der Untersuchungen steigt“, sagt Breitbart.

Selbstbeobachtung: Was zu beachten ist

Eine andere Form der Vorsorge ist die Selbstbeobachtung, die als wichtigste Hilfe für die Früherkennung gilt. Mit der sogenannten ABCDE-Regel existiert dafür eine einfache Anleitung. Experten weisen aber auf Grenzen dieser Methode hin. „Die ABCDE-Regel kann für gewisse Menschen eine Hilfe sein, um Hautveränderungen festzustellen, ist aber keine geeignete Methode für eine systematische Selbstuntersuchung“, so Peter Ackermann, Sprecher der Schweizer Krebsliga.

Das ungeschulte Auge des Laien hat eine deutlich reduzierte „Trefferquote“. „Es werden viele falsch positive Resultate erreicht und gleichzeitig viele Melanome übersehen“, so Ackermann. Präventionsexperte Breitbart hält die Anleitung dennoch für hilfreich: „Es ist gut, seine Haut zu kennen und wachsam für Veränderungen zu sein. Zur Beurteilung eines Pigmentmals ist die ABCDE-Regel als grobes Instrument sicher hilfreich, ersetzt allerdings niemals die Inspektion durch einen Arzt.“ Wer auffällige Stellen entdeckt, sollte ein Screening in Anspruch nehmen.

So lassen sich Leberflecke gut einschätzen

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Um einen Leberfleck richtig einzuschätzen, hilft die ABCDE-Regel. Wenn mindestens eines der folgenden Merkmale zutrifft, sollte ein Arzt den Fleck anschauen. A wie Asymmetrie: Ein neuer dunkler Hautfleck ist ungleichmäßig, asymmetrisch geformt, oder die Form eines Flecks hat sich verändert. B wie Begrenzung: Ein dunkler Hautfleck hat verwischte Konturen oder wächst ausgefranst in den gesunden Hautbereich hinein. C wie Colour (englisch für Farbe): Ein Fleck ist vermischt mit Rosa, Grau oder schwarzen Punkten. D wie Durchmesser: Der Durchmesser ist an der breitesten Stelle größer als fünf Millimeter. E wie Evolution: Eine Veränderung eines Males innerhalb der letzten drei Monate sollte vom Arzt kontrolliert werden.

SPRECHSTUNDE - REGINA BEHRENDT

Akte ersetzt kein Arztgespräch

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Patienten haben das Recht, ihre Patientenakte einzusehen. Die Akteneinsicht ersetzt jedoch nicht die das Gespräch mit dem Arzt. Ärzte müssen ihre Patienten verständlich informieren und Fragen beantworten. Darüber hinaus haben Patienten das Recht zu erfahren, was in ihrer Patientenakte steht. Der Patient kann sie vor Ort einsehen und Abschriften verlangen, muss allerdings die entstandenen Kosten erstatten. Wie viel die Kopie einer Patientenakte kosten darf, ist nicht geregelt, der Arzt muss im Zweifelsfall die Kosten nachweisen. Wenn die Akteneinsicht verweigert wird, sollte schriftlich eine Frist gesetzt werden. Falls das nicht zum Erfolg führt, können die Verbraucherzentrale oder ein Anwalt helfen. Auch eine Beschwerde bei den Ärztekammern oder Datenschutzbeauftragten ist möglich. Der Arzt kann den Zugriff auf Akten beschränken, wenn er eine Selbstgefährdung des Patienten befürchtet. Im Todesfall haben die Erben und Angehörige ein Einsichtsrecht.

Regina Behrendt ist Referentin für den Bereich Gesundheit bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

SO WIRKT DAS

Metamizol-Natrium

Der 1922 eingeführte Wirkstoff lindert Schmerzen, senkt Fieber und löst Krämpfe. Metamizol-Natrium wird bei Schmerzen nach Verletzungen oder Operationen eingesetzt, kann aber in seltenen Fällen zu Agranulozytose führen. Dabei kommt die Bildung der weißen Blutkörperchen zum Erliegen und der Körper kann Entzündungen nicht mehr abwehren.

Platz zwei der Rangliste der 2016 am häufigsten verordneten Wirkstoffe nach dem Arzneiverordnungsreport 2017 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO).

GROSSMUTTER WEISS RAT

Rosenessig regt den Kreislauf an

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Wer sich ausgelaugt fühlt, sollte sich nach der Dusche mit Rosenessig einreiben. Dafür wird eine Handvoll Rosenblätter mit 500 Milliliter Essig in eine Flasche gefüllt. Verschlossen sollte die Mischung 14 Tage dunkel und kühl gelagert und häufig geschüttelt werden. Geeignet ist die Damaszener-Rose, die antibakteriell, entkrampfend und hautregenerierend wirkt. iff

Das Rezept stammt aus dem Buch „Zwiebelwickel, Essigsocken & Co.: Traditionelle Heilmittel neu entdeckt“ von Karin Berndl und Nici Hofer, Eden Books, 112 Seiten, 14,95 Euro.

Hautkrebs durch Sonnenbrand

Dass zu viel pralle Sonne der Haut schadet, ist heute allgemein bekannt. Der Zusammenhang zwischen Sonnenbränden und einem erhöhten Risiko, an Hautkrebs zu erkranken, ist lange belegt. Dennoch befürchten Dermatologen, dass der stetige Anstieg entdeckter Hautkrebsfälle erst der Anfang sein könnte.

So seien insbesondere Menschen, die zwischen den Fünfziger- und Neunzigerjahren geboren wurden, gefährdet. „Damals gab es deutlich weniger Sonnenschutz, und somit haben diese Menschen im Laufe ihres Lebens viel mehr Schaden angesammelt, schon in der Kindheit“, erklärt Thomas Tüting, Krebsforscher an der Universitätshautklinik in Magdeburg, die „Generation Sonnenbrand“. Zwar ist der heutige Büromensch der Sonne recht wenig ausgesetzt, doch das Problem ist: „Wer aus dem Büro in die Karibik fliegt, hat in der Regel kaum Schutz, etwa durch natürliche Bräune“, sagt der Forscher. Auch wenn die Generation Sonnenbrand sich zu diesem Zeitpunkt nur schwer statistisch belegen lässt, hält Tüting den Begriff für sinnvoll, um auf die Gefahren von Sonnenbränden hinzuweisen.

In der eigenen Berufspraxis hat er ein weiteres Phänomen beobachtet. Ohne es mit Zahlen untermauern zu können, vermutet er, dass ostdeutsche Senioren besonders anfällig sind für Hautkrebs. Eine mögliche Ursache: die Freikörperkultur der DDR. mm