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City Magazin Wolfsburg

Fantastische Zeitreise in die 50er-Jahre

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Für die Sommerferien ist wieder ein Aktionstag für Kinder geplant.

Vor Ort in Vorsfelde

Um Fantastisches zu erleben, muss es nicht immer gleich ein Flug oder eine Fahrt in die weite Ferne sein. Dass auch und gerade in der Ferienzeit zum Beispiel eine kleine Zeitreise zurück bis in die 1950er-Jahre absolut zauberhaft werden kann, erfahren immer wieder begeisterte Besucher der Heimatstube Vorsfelde, des bislang einzigen Museums der Eberstadt.Der Heimatverein Vorsfelde e. V. – am 4. Oktober 1952 gegründet – und die Großzügigkeit des Kaufmanns Josef (Jupp) Klein, der die attraktiven, zentrumsnahen Räumlichkeiten des ehemaligen Möbelhauses Behrens in der Meinstraße 13 unentgeltlich zur Verfügung stellte, machen jedenfalls für alle, die Freude und Spaß am Entdecken haben, ein ganz besonderes Abenteuer möglich. Für die Älteren wird es zum Ritt auf einer Welle der Nostalgie. Für die Jüngsten zum Eintauchen in die Vergangenheit. Und die vermag kein Schulbuch dieser Welt so anschaulich zu vermitteln wie jene Räume, in denen die Zeit von einem Moment auf den anderen stillgestanden zu haben scheint.

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Endlich eine Waschmaschine! Darüber freute sich jede Hausfrau.
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Und auch die Wäschemangel tat einst richtig gute Dienste.

Sommerferienaktion geplant

„In den Osterferien 2018 hatten wir mit einem eintägigen Ferienpogramm in unserer Heimatstube sozusagen einen ‚Versuchsballon‘ gestartet, auch Kindern unsere Vorsfelder und Regionalgeschichte greifbar und begreifbar zu machen. Die Aktion kam gut an. Ebenso auch der ‚Enkeltag‘ im Mai, an dem Großeltern ihren Enkelkindern zeigen konnten, wie sie in ihrer Jugend gelebt haben. Solche Specials wollen wir beibehalten und haben deshalb für die Sommerferien in Zusammenarbeit mit der Stadt Wolfsburg einen weiteren Aktionstag geplant“, erklärt Roland Polze, seit Anfang des Jahres neuer Vorsitzender des Heimatvereins Vorsfelde e. V.

Er möchte generell die Zusammenarbeit mit den Schulklassen vor Ort neu beleben und junge Familien für die Historie ihre Heimat sensibilisieren. Sein langjähriger Amtsvorgänger, Dr. Meinhardt Leopold, der von 1995 bis 2018 an der Vorstandsspitze des Vereins stand und 2011 maßgeblich und mit Liebe zum Detail in unzähligen ehrenamtlichen Arbeitsstunden zur Einrichtung der Heimatstube beigetragen hat, steht ihm dabei weiterhin mit vielen Ideen und Impulsen, Rat und Tat als Leiter des Museums und stellvertretender Vereinschef zur Seite.

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Die Küche war der wichtigste Raum für die ganze Familie.
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Ein Badezimmer aus den 50er-Jahren: spartanisch und doch Luxus pur.

Mehr als 4600 registrierte Exponate

„Wir haben das große Glück, dass uns viele Menschen aus Vorsfelde und Umgebung durch großzügige Sachspenden unterstützt haben und uns bis heute immer wieder Interessantes aus alter Zeit vorstellen und übergeben. Meist sind es Erinnerungs- und Erbstücke, die keinesfalls irgendwann mal auf dem Müll landen, sondern in gute Hände kommen sollen. So verfügen wir heute mit mehr als 4600 registrierten Exponaten mittlerweile über einen ganz besonderen Schatz von Dingen, die für unsere Eltern und Großeltern mal unmittelbar zum alltäglichen Leben gehörten. Im Zeitalter der immer schnelleren Modernisierung, Technisierung und Digitalisierung verschwanden sie allerdings so schnell aus unserem Blickfeld, dass sie schon beinahe in Vergessenheit gerieten beziehungsweise von Kindern und jungen Leuten gar nicht mehr gekannt werden“, erklärt Dr. Meinhardt Leopold. Deshalb lädt er Interessierte mit freundlicher Geste ein: „Hereinspaziert!“

Viel mehr als nur ein Raritätenkabinett

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Dr. Meinhardt Leopold und Roland Polze engagieren sich mit Leidenschaft für den Heimatverein Vorsfelde.

Und tatsächlich: Die Heimatstube Vorsfelde ist viel mehr als nur ein Kabinett liebenswerter Sammlerstücke und Raritäten. Die Räume strahlen bis ins Detail eine überaus authentische Atmosphäre voller Leben aus. Die weckt im Handumdrehen beim Betrachter das Gefühl: Die Bewohner stehen bestimmt auch gleich in der Tür.

„Mittelpunkt jeder Wohnung war in der Nachkriegszeit und den Wirtschaftswunderjahren immer die Wohnküche. Während die Hausfrau am Herd das Essen kochte – vielleicht half die Oma beim Kartoffelschälen oder Gemüseputzen – plauschte sie gern mal mit der Nachbarin, die auf einen Sprung rüber kam und selbstverständlich am Küchentisch Platz nahm. Die größeren Kinder wurden nebenher bei ihren Schularbeiten beaufsichtigt. Und das Baby oder Krabbelkind konnte im Laufgitter spielen“, weiß Dr. Leopold noch aus eigener Erfahrung zu berichten. Schmunzelnd fügt er hinzu: „Gegessen wurde natürlich auch am großen Küchentisch, unter dessen schwerer Platte kam oft eine Schublade mit zwei Abwaschschüsseln zum Vorschein. Warmes Wasser aus der Wand war ein Luxus. Deshalb stand auf dem Kohleherd immer ein Kessel mit heißem Wasser parat. Und während der Vater nach getaner Arbeit und dem Essen auf der Chaiselongue ein Nickerchen hielt, halfen die Mädchen der Mutter beim Abtrocknen.“

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Das Wohnzimmer, selten genutzt, wurde „kalte Pracht“ genannt.
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Mit Brennschere & Co. wurden Frisuren gezaubert.

Eingewecktes aus der Vorratskammer

An Geschirrspüler war halt noch nicht einmal im Traum zu denken. Aber immerhin: Mit Elektroherd, Mixer und elektrischer Kaffeemühle zog der Fortschritt in die Haushalte ein, dem allerdings in Erinnerung an die Stromsperren der Nachkriegszeit nicht ausschließlich vertraut wurde. Und weil es Kühlschränke, wie wir sie heute kennen, damals noch nicht gab, verfügten die meisten Wohnungen über eine Speisekammer, in der Obst und Gemüse in Gläsern eingekocht oder Wurst aus der Hausschlachterei in Dosen konserviert sowie getrocknete oder geräucherte Lebensmittel aufbewahrt wurden. Einige sind vielleicht nicht mehr genießbar, auf jeden Fall aber anschaulich in der Heimatstube für die Nachwelt erhalten geblieben. Frische Nahrungsmittel wurden damals übrigens – geschützt vor Insekten – in sogenannten Fliegenschränken untergebracht. Schimmel und schnelles Verderben konnten damit allerdings nicht verhindert werden. Glasballons dienten der Herstellung von Obstweinen. In Steintöpfen wurde Sauerkraut hergestellt, Gurken oder Bohnen eingelegt … Wer das noch kennt, weiß um den würzigen Duft!

Gemütlichkeit und „kalte Pracht“

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Ein Einkochtopf gehörte in jeden Haushalt.

Gemütlich mit teurer Tapete und doch „kalte Pracht“ genannt, musste das Wohnzimmer für Sonn- und Feiertage sowie offizielle Besuche aufgeräumt bleiben. Demzufolge wurde es nicht täglich genutzt und entsprechend selten nur zu besonderen Anlässen beheizt. „Hier zeigte man, was man sich leisten konnte. Der letzte Schrei war eine Musiktruhe mit Radio und Plattenspieler für 78er-Schellackplatten und später die 45er-Singles“, erklärt Dr. Leopold.

Badezimmer gab es dazumal jedoch noch nicht in allen Vorsfelder Häusern – und infolgedessen natürlich auch keine Innentoilette. Die Kanalisation war in Vorsfelde erst 1954 vollständig ausgebaut. Zum „Häuschen“ ging es davor meist noch über den Hof. Und unter den Betten standen für den Gang aufs Örtchen die Nachttöpfe parat. Wer baden wollte, marschierte schließlich in die Badeanstalt Wendhausen in der Langen Straße. Zu Hause blieb halt oftmals nur eine Zinkbadewanne, die einmal wöchentlich für die ganze Familie in der Küche aufgestellt wurde. Und wer tatsächlich schon ein spartanisch eingerichtetes eigenes Badezimmer mit Ölfarbsockel, beheizbarem Badeofen und Wanne sein Eigen nennen konnte, war eigentlich nur zu beneiden.

Entdecken, staunen und bewundern

All das und noch viel mehr aus den 50er-Jahren gibt es auf gut 150 Quadratmetern Ausstellungsfläche in der Heimatstube Vorsfelde (wiederzu)entdecken und zu bestaunen. Ein Besuch lohnt sich für die ganze Familie und ist jeden Samstag von 14 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung möglich. Interessenten steht dazu telefonisch unter 05363-73109 oder per Mail an drb_drm_leopold@gmx.net Dr. Meinhardt Leopold gern zur Verfügung. (bc)