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Kreativität: So spielt das Gehirn Mc Gyver

Kreativität: So spielt das Gehirn Mc Gyver

Maren Leinweber-Herfel und Josef Schulze Sutthoff geben Experten-Tipps

Was sind wichtige quellen der Kreativität? » Maren Leinweber-Herfel: Bei uns im Team entstehen gute Ideen häufig, wenn wir uns in lockerer Atmosphäre über Privates – auch über Lustiges – austauschen. Aus dem alltäglichen Kontext und über freie Assoziationen entwickeln sich oft neue Perspektiven. Die daraus entstehenden Ideen gilt es dann von der abstrakten Ebene in praktikable Lösungen zu überführen. Eine wichtige Voraussetzung für Kreativität ist eine Arbeitsatmosphäre, die Freiräume überhaupt zulässt. Es bremst unglaublich, wenn man sich für jeden kreativen Austausch erst einmal formal im Meeting treffen muss und auf Ansage kreativ sein soll. Dröge eingerichtete Büros, wenig Kreativitätsflächen, fehlende Flipcharts: All das macht es erfahrungsgemäß schwerer, Ideen zu entwickeln. Und manchmal sollte man die eigenen Räume verlassen, um neue Impulse zu bekommen. Wir empfehlen deshalb, ab und an sogenannte Dritte Orte aufzusuchen und rauszugehen. Vor allem aber bedarf es einer Unternehmenskultur, die Kreativität fördert. Dazu muss die Führung bereit sein, neue Wege zu gehen, den Ideenfluss anzuspornen und Mitarbeiter zu motivieren. Die Kreativität erleichtern auch der positive Umgang mit Fehlern, Weiterbildungsangebote, interdisziplinäre Teams, flache Hierarchien und eine gute Kommunikation zwischen den Teams und Abteilungen.

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» Josef Schulze Sutthoff : Aus der Motivationsforschung wissen wir, dass Räume Kreativität fördern oder bremsen können. Deshalb sollte das Verhältnis der Frei- gegenüber den Nutzflächen hoch sein. Der InnovationsCampus ist zum Beispiel nach diesem Prinzip konzipiert. Ansässigen Unternehmern bietet er genügend Freiraum für den kreativen Austausch. Daran arbeiten wir beständig weiter, um durch neue Raumkonzepte, die agile Arbeitsmethoden und den Design Thinking-Ansatz in den Mittelpunkt stellen, eine optimale Arbeitsatmosphäre für entsprechende Teams zu schaffen. Daneben braucht Kreativität ein gewisses Fundament an Wissen, im Idealfall Kompetenz in den unterschiedlichsten Feldern. Auf dieser Basis kann man kombinieren und beispielsweise Felder verbinden, die originär erstmal nicht zusammenpassen. Wir erleben häufig, dass Innovationen entstehen, wenn Menschen eine Idee aus einem Bereich in einen anderen transferieren. Dieser Prozess lässt sich an bestimmten Stellen verstärken, indem man Teams bewusst mischt. Wer zu tief in seinem Spezialthema steckt, dem fällt es manchmal schwer, über den Tellerrand hinauszudenken. Letztendlich geht es immer um eine gewisse Distanz zum eigentlichen Problem, also um die Fähigkeit, die Perspektive zu wechseln. Unsere Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit Start-ups zeigt, dass am Ende die Herausforderung darin liegt, neue Ideen – besonders die extrem fantasievollen – wieder auf die Ebene des Machbaren zu bringen. Schließlich ist eine Geschäftsidee nur dann wirklich gut, wenn sie umsetzbar und für Kunden attraktiv ist.

MAREN LEINWEBER-HERFEL ist Leiterin Bildung bei der Wolfsburg AG und der Allianz für die Region. Mit ihrem Team begleitet sie Schüler, Studenten und Junge Unternehmer bei kreativen Prozessen auf dem Weg zum eigenen Geschäftsmodell.
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Wie kann sich Kreativität auch dann entwickeln, wenn die Rahmenbedingungen nicht ideal sind – etwa in Krisenzeiten?

» Josef Schulze Sutthoff :
Der Kunstgriff besteht darin, eben nicht nur in einer fröhlich-entspannten Umgebung kreativ zu sein, sondern gute Ideen immer dann zu entwickeln, wenn man sie braucht. Hat man das nicht gelernt, wird es schwierig, kreative Lösungen ad hoc abzurufen. In unseren Business Creativity Workshops lernen Teilnehmer zum Beispiel Methoden, um in ganz unterschiedlichen Situationen kreativ zu sein, auch unter Druck. Um eine gewisse Routine zu erlangen, sollte man also kontinuierlich im „Kreativ-Training“ bleiben. Schließlich stehen kleine und größere Krisen im unternehmerischen Alltag häufig auf der Tagesordnung.

» Maren Leinweber-Herfel: Kreativität ist eine Geisteshaltung, ein Denkansatz. Es ist mehr als die eine Kreativitätstechnik, die man den Mitarbeitern beibringt, um die richtige Lösungskarte im Falle der Krise zu ziehen. Deshalb arbeiten wir bewusst prozessorientiert und mit der Methode des ‚Design Thinking‘. Wir stellen die radikale Kundenorientierung in den Mittelpunkt und überprüfen Ideen kontinuierlich auf ihre Markttauglichkeit. Wer auch in Krisenzeiten die kreativen Potenziale seiner Mitarbeiter ausschöpfen möchte, sollte sie außerdem motivieren, unternehmerisch zu denken und zu handeln. Es ist hilfreich, das sogenannte Corporate Entrepreneurship zu verinnerlichen. Das heißt, eine Haltung zu leben, die dem Mitarbeiter unternehmerische Freiheiten und Verantwortlichkeiten lässt, da sich so schneller adäquate Lösungen – auch für Unternehmenskrisen – entwickeln lassen.

JOSEF SCHULZE SUTTHOFF verantwortet bei der Wolfsburg AG als Leiter Innovationscampus den Bereich Business Development und Marktforschung. mit seinem team begleitet er erfolgreich Start-ups und Unternehmer, seit 1999 insgesamt über 620.
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Was empfehlen Sie gerade kleineren Unternehmen in punkto Kreativität?

» Maren Leinweber-Herfel:
Grundsätzlich sollten Chefs ihre Mitarbeiter dazu ermutigen, ihr kreatives Potenzial zu entwickeln und abzurufen. Beispielsweise in Kreativ-Runden, für die es schon hilfreich ist, wenn Mitarbeiter Kreativitätstechniken lernen und anwenden. Bei einem Ideenwettbewerb als Partner zu partizipieren, könnte ebenfalls eine Chance für Unternehmen sein, in punkto Kreativität am Ball zu bleiben. Wettbewerbe sind ein Instrument und ein Ort für Innovationen. Durch den gegenseitigen Austausch heben nicht nur die Teilnehmer ihre Potenziale. Bei unseren Wettbewerben „Idee“ und „Promotion School“ überprüfen Schüler, Studenten und Jungunternehmer ihre Ideen kunden- und zielorientiert. Sie entwickeln sie im Austausch mit Gleichgesinnten, Fachexperten und Kunden weiter. Weiterhin ist das Öff nen eines Unternehmens nach außen ein absolutes Muss, zumal dort der vielzitierte Kunde ist. Die bekannten digitalen Kanäle sind letztlich ein Testmarkt, auf dem Unternehmen sich Themen und Meinungen abholen können – um ihre Produkte kontinuierlich zu verbessern und frische, kreative Ideen zu generieren.

» Josef Schulze Sutthoff : Das Erkennen des Problems ist immer eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Kreativprozesse. Grundsätzlich sollte sich das Unternehmen konkrete Leitfragen stellen. Wofür brauche ich kreative Impulse? Will ich mich intern oder extern erneuern? Was ist das zentrale Problem – sind intern möglicherweise die Strukturen verkrustet, ist ein neues Produkt gefragt oder beispielsweise ein anderer Weg zum Kunden? Aus den entsprechenden Antworten ergeben sich die nächsten Schritte, um Methoden und Strategien einzugrenzen. Eine weitere Fragestellung wäre, ob neue Methoden oder Workshops mehr Kreativität ins Unternehmen bringen oder ob die Einbindung eines kreativen Teams von außen hilfreicher ist. Größere Unternehmen könnten von der Zusammenarbeit mit einem Start-up profitieren, insbesondere von dessen Eigenschaften wie Begeisterung, Risikobereitschaft, Offenheit für neue Lösungen, schnelle Kommunikations- und Entscheidungswege, Zeit und Raum für Kreativität. Allerdings wissen wir auch, dass etwas Neues am Anfang oft für eine gewisse Verunsicherung sorgt. Deshalb ist es wichtig, Vertrauen dafür aufzubauen, dass auch neue Wege zum Erfolg führen.