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Autokino

Vom Kult zum Event

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Von Martina Steffen  Das Autokino hatte lange Zeit Kultstatus: Vor 85 Jahren erfand der Amerikaner Richard Hollingshead Jr. das Drivein-Theatre – das Autokino. Mit Filmvorführungen wollte er das Autogeschäft seines Vaters ankurbeln und eröffnete am 6. Juni 1933 in Camden im US-Staat New Jersey das erste Autokino. Mit der wachsenden Mobilität erreichten die in den Staaten „ozoners“ genannten Autokinos dann in den 50er- und frühen 60er-Jahren den Höhepunkt ihrer Popularität, in dieser Zeit gab es allein in den USA rund 4000 Autokinos.Vor allem Familien schätzten das Autokino wegen seiner günstigen Eintrittspreise, und weil die Betreiber auf dem Gelände Imbissstände und Spielplätze errichteten.

Das erste Autokino eröffnete 1933 in den USA – heute geht der Trend zu mobilen Angeboten

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Monamonash/123rF

Das Autokino wurde zu einem beliebten Ausflugsziel am Wochenende. Auch junge Liebespärchen, die bevorzugt in der letzten Wagenreihe – der sogenannten love lane – parkten, genossen die Privatsphäre des eigenen Autos.

Genau das war und ist einer der großen Vorteile des Autokinos: Die Besucher können den Film in einem privaten Raum erleben – vor ihnen die Leinwand und über ihnen die Sterne. Wer möchte, kann das Kinoprogramm aber auch genauso gut auf dem Dach oder der Motorhaube genießen, niemand ist gezwungen, während des Films im Auto sitzen zu bleiben.

In Europa setzte sich das Autokino zunächst noch nicht durch, vom US-amerikanischen Autokult war wenig zu spüren. Zudem erhielten die Betreiber meist nur die Rechte zur Zweitverwertung von Filmen, sodass neue Produktionen erst sechs bis acht Wochen nach dem eigentlichen Kinostart gezeigt werden konnten. In Deutschland eröffnete das erste Autokino am 31. März 1960 in Gravenbruch, einem Stadtteil Neu-Isenburgs bei Frankfurt. Es ist auch heute noch in Betrieb. In den 60er- und 70er-Jahren war das Autokino in Westdeutschland eine Institution, bis zu 40 solcher Kinos gab es. Damals waren sie richtige Geldquellen. In Norddeutschland war Hannover eine der ersten Städte, die 1969 ein Autokino auf dem Messegelände eröffnete.

Dann aber kam der große Einbruch: Der Homevideo-Markt wuchs und schon gewöhnliche Kinos hatten es schwer. Mit der Privatisierung des Fernsehens brachten immer mehr neue TV-Sender Spielfilme in die Wohnzimmer – ein weiterer Aspekt, der den Autokinos Probleme bereitete. Und dann folgte 1980 die Wiedereinführung der Sommerzeit. Damit wurde es im Sommer plötzlich erst gegen 22.30 Uhr dunkel und die Zuschauer blieben aus.

Das Autokino auf dem Messegelände fiel den Bauarbeiten zur Weltausstellung Expo 2000 zum Opfer, am 27. August 1997 war die letzte Vorstellung.

Heute gibt es in Deutschland noch rund zehn stationäre Autokinos. Einige funktionieren nach einem bestimmten Prinzip: Jeden Samstag gibt es tagsüber einen Automarkt als Geldbringer, und abends strahlt der Beamer.

Aber der Trend zu mobilen Autokinos ist da. Die Veranstaltungen sind zeitlich begrenzt und besitzen Event-Charakter. So kommt das Nostalgie-Feeling zurück.